Christ

„Jedes Wort ist heilig“

Dieses apodiktische Urteil des Dichters Hermann Claudius ist nicht als Selbstlob literarischer Sprache zu verstehen, sondern ganz im Sinne des Evangeliums gemeint, das den Anfang in Gottes Wort setzt. Für Claudius ist die „Inbrunst des Wortes […] das Geheimnis Gottes, da das Wort noch bei ihm war“. Die göttliche Herkunft der Sprache sei „höher denn alle Umsicht und alle Klugheit und alle Bildung und alle Kultur der Menschen“. Das bedeutet Trost und Mahnung zugleich, weil sich dadurch der Anspruch des modernen Menschen nach Selbstbestimmung und Selbstgestaltung relativiert.

„Armselig Werk. Nicht einen Grashalm mögen wir wachsen machen mit all unser Kunst.“ (Meister Bertram, 1927)

Ebenso resultiert die Naturverbundenheit des „Wandervogels“ Claudius nicht aus einem romantischen Pantheismus, sondern ist schöpfungstheologisch motiviert. Die Natur ist die Schöpfung Gottes und nur als solche fasziniert sie. In der Natur erlebt sich der Mensch als das, was er in diesem christlichen Sinne ist: ein Geschöpf Gottes.
Darum liebt und lobt Claudius den Tag, die Nacht, Frühling und Herbst, die Sonne, den Mond. Zu Tier und Pflanze hat er ein persönliches Verhältnis. Angesichts der Wunder der Natur übt sich der anschauende Mensch in Bescheidenheit.

„Ich glaube an einen ewigen Sinn aller Schöpfung und weiß, daß wir ihn niemals erfassen werden und nicht erfassen sollen. Es liegt aber ein Ahnden davon in unserer Seele, wenn wir danach in uns zu horchen wissen. Hier ruht der Urgrund alles menschlichen Schöpfertums und jedweder Kunst.“ (Ahnen und Heimat, 1933)

Hermann Claudius weiß sich als Christ getragen von seinem Glauben an Gott und die Erlösung durch Jesus Christus. Viele seiner Gedichte geben Ausdruck von einem tiefen Gottvertrauen, mit dem der Lyriker in der Welt steht, aber zu seinem Gott schaut.

Fuge

Ich will und muß dem einen Gott vertrauen,
der sich so tief in uns verborgen hält,
als wäre diese Welt nicht Seine Welt.

Ich will und muß auf Seine Weisheit bauen,
die sich mit unserer so sehr entzweit,
als wäre Seine Zeit nie unsere Zeit.

Und ob wir rückwärts, ob wir vorwärts schauen,
und ob uns Freude schüttelt oder Grauen:
Er war und ist. Und Er wird ewig sein.
Wir aber schreiten durch Ihn aus und ein.